Mit dem Untergang des Dampfers Tanais am 9. Juni 1944 endete die Geschichte der jahrhundertealten jüdischen Gemeinde auf Kreta - einer Geschichte des Zusammenlebens der chaniotischen Juden mit ihren Nachbarn, in dem Altstadtviertel in Chania, das noch heute Ovraiki heißt.
Eine griechisch-deutsche Zusammenarbeit, in der Kulturen, Familien- und Opfergeschichten und Tourismus aufeinandertreffen.
Eine performative Collage am historischen Ort, die eine vergessene Geschichte neu erzählt.
Ein Angebot für junge Generationen, in kreativer Art ihre eigenen Bezüge zu entwickeln.
Kreta, die südlichste Insel Europas. Urlaubsziel für jährlich mehr als 5 Millionen Touristen. Zahllose Sonnenschirme in leuchtenden Farben dekorieren die langen Strände. Die historische Altstadt Chanias, der ehemaligen Hauptstadt Kretas, mit ihren pittoresken Gassen und dem malerischen venezianischen Hafen, ist touristischer Höhepunkt für viele Kreuzfahrttouristen.
Vor mehr als 80 Jahren prägten andere Schirme das Bild. Im Mai 1941 landeten deutsche Fallschirmjäger und nahmen die Insel nach verlustreichen Kämpfen ein. Bis zum Mai 1945 blieb die Insel unter deutscher Besatzung. Beim Versuch, den andauernden Widerstand der Kreter zu brechen, begingen die deutschen Besatzer zahlreiche Kriegsverbrechen. Auf der Insel starben während der Besatzungszeit durch Kriegsverbrechen, Repressalien, Hunger und Krankheiten Tausende Kreter.
In Griechenland erfolgten die ersten Deportationen von Jüdinnen und Juden nach Auschwitz im März 1943 aus Thessaloniki. Erst im März 1944 erfolgten Deportationen aus Athen. In vielen Städten und auch auf einigen Inseln wie etwa auf Kreta war das Leben der Juden bis dahin relativ ungestört weitergegangen, da Italien und Bulgarien, neben dem Deutschen Reich die weiteren Besatzungsmächte, viel zurückhaltender handelten.
Die Deportationen kamen daher offenbar für viele unvermittelt, dann allerdings in drastischer Form. Nur wenige vom Deutschen Reich besetzte europäische Länder verloren einen höheren Anteil ihrer jüdischen Bevölkerung als Griechenland. Vermutlich wurden etwa 90% der griechischen Juden ermordet.
Die rund 300 Personen umfassende jüdische Gemeinde Kretas, die nahezu ausschließlich in Chania lebte, wurde 1941 von den Deutschen zunächst registriert. Jüdische Geschäfte waren für Deutsche verboten. Anfang 1944 kam es zu einer zweiten Registrierung. Am 12. Mai 1944 erhielt der deutsche Kommandant den Deportationsbefehl, am 21. Mai wurde die jüdische Bevölkerung durch deutsche Soldaten – es gab keine SS-Einheiten auf Kreta – zusammengetrieben und zunächst in das Gefängnis Agia gebracht.
Am 4. Juni 1944 erfolgte der Transport nach Heraklion in die Makasi Festung, von wo die Verhafteten am 8. Juni auf das Dampfschiff Tanaïs gebracht wurden. Zusammen mit kretischen Andarten und italienischen Kriegsfangenen wurden die Menschen in die engen Laderäume des kleinen Dampfers gepfercht. Sie sollten zunächst nach Piräus und von dort per Eisenbahn nach Auschwitz transportiert werden.
Der unter deutscher Flagge fahrende und nicht als Kriegsgefangenentransporter gekennzeichnete Dampfer wurde nach seinem Auslaufen am frühen Morgen des 9. Juni 1944 vor Santorini von einem britischen U-Boot torpediert und sank in wenigen Minuten. Alle Gefangenen ertranken.
Mit dem Untergang endete nicht nur die Geschichte einer jahrhundertealten Gemeinde, sondern auch die Geschichte des Zusammenlebens der chaniotischen Juden mit ihren Nachbarn, in dem Altstadtviertel, das noch heute Ovraiki heißt.
Die Geschichte des Untergangs der Tanaïs ist nahezu vergessen. Geblieben ist der Name des Viertels, sind die alten Häuser und die historische Synagoge Etz Hayyim (Baum des Lebens). Hier wird die performative Collage aufgeführt. Sie bringt einzelne Räume zum Klingen, fördert Überraschendes zu Tage und entwirrt babylonisches Sprachgewirr.
Das einzige uns bekannte Foto aus der Besatzungszeit zeigt die Schwestern Sara und Judith Kounio im Jahr 1943. Die Aufnahme war der Ausgangspunkt für unsere Erzählung über die Menschen aus Ovraiki. Eine Geschichte, von der wir nicht wissen, wie sie sich zugetragen hat. Eine Geschichte, die niemand kennt, denn es ist niemand mehr da, der sie erzählen kann.
Mit der Deportation in die Vernichtungslager verschwindet an vielen Orten von einem Tag zum anderen die Erinnerung an die Menschen. So auch in Chania. Es bleibt eine Leere – die Häuser neu bewohnt, die Synagoge verfallen, der Friedhof ein Baugrundstück.
80 Jahre nach dem Untergang der Tanaïs erzählen wir von den Menschen des Viertels. Ein Versuch, die Leere zu füllen, mit unseren Vorstellungen, Ideen, auch den Wünschen, wie es hätte sein können. Ein Leben von Menschen unter Menschen.
Etz Hayyim Synagogue
Chania
Jüdisches Kulturzentrum
Ariowitsch-Haus
Leipzig
Unterstützt durch die Stadt Chania.
Το έργο χρηματοδοτείται από το γερμανικό Ομοσπονδιακό Υπουργείο Εξωτερικών από πόρους του Ελληνογερμανικού Ταμείου για το Μέλλον.
Das Projekt wird vom Auswärtigen Amt aus Mitteln des Deutsch-Griechischen Zukunftsfonds finanziert.
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